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Profis gesucht: Wie Automatisierung gegen den Mangel an Fachkräften helfen kann
Der Mangel an qualifiziertem Personal betrifft Unternehmen diverser Branchen. Die Auswirkungen sind gerade im Steuerungs- und Schaltanlagenbau deutlich erkennbar. „Da viele Aufträge sehr kleine Losgrößen haben und individuellen Kundenspezifikationen folgen – oft ist es eine Unikatfertigung – sind qualifizierte Mitarbeiter ein absolutes Muss“, so Nicholas Visser-Plenge, General Manager der Plenge GmbH aus Oelde.
Manuelle Tätigkeiten trotz steigender Komplexität im Schaltanlagenbau?
Die zunehmende Komplexität der Steuerungstechnik und ihrer Komponenten, der Kundenwunsch nach Individualisierung, Normen, Last-Minute-Änderungen und enge Liefertermine setzen den Schaltschrankbau unter starken Kostendruck. Zugleich sorgt ein weiteres Problem für eine Zuspitzung des Fachkräftemangels: In der Werkstatt werden viele Tätigkeiten noch immer per Handarbeit erledigt. „Dass ein ausgebildeter Elektriker Kabelkanäle sowie Tragschienen ablängt und diese auf eine Montageplatte schraubt, ist alles andere als effizient“, unterstreicht Visser-Plenge.
Laut der Studie „Schaltschrankbau 4.0“ vom Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität Stuttgart entfällt rund die Hälfte der Produktionszeit im Schaltschrankbau allein auf die Verdrahtung. Auch hier werden somit viele personelle Kapazitäten gebunden.
Automatisierung mit durchgängiger Datenbasis, ECAD- und Systemlösungen
Fehlt es an Fachpersonal, kann die Automatisierung von Produktionsschritten Abhilfe schaffen. „Entscheidend dafür ist eine digitale Datenbasis, die während der gesamten Planung immer weiter angereichert und auch in den nachfolgenden Prozessschritten nahtlos verfügbar wird“, erläutert Thomas Weichsel, Leiter Produktmanagement bei Eplan. Auf dieser Grundlage kann mit der Engineering-Software Eplan Pro Panel ein digitaler Prototyp des fertig bestückten Schaltschrankes erstellt werden. „Dieser dient als Basis für die Berechnung der Verlegewege für die Verdrahtung. Auch die Längen der Drähte werden so kalkuliert. Mit Lösungen wie dem Rittal Wire Terminal WT erfolgt dann die Drahtkonfektionierung voll automatisiert“, so Thomas Weichsel. Nun lässt sich auch die personalintensive manuelle Verdrahtung gut optimieren: Eplan Smart Wiring unterstützt die Mitarbeiter hierbei Schritt für Schritt – zum Beispiel per Tablet, direkt am Arbeitsplatz.
Ein weiteres typisches Beispiel für die Automatisierung ist die Bearbeitung von Flachteilen des Schaltschranks. NC-gestützte Bearbeitungszentren wie die aus der Perforex Serie von Rittal Automation Systems sind speziell für diese Aufgaben im Schaltanlagenbau entwickelt. Schaltschränke werden durch Bohren, Fräsen, Lasern und Gewindeschneiden individuell an die Anforderungen angepasst. Plenge hat 2018 in ein solches Bearbeitungszentrum vom Typ Perforex LC (Laser Center) investiert. Damit konnte ein deutlicher Effizienzgewinn bei der mechanischen Bearbeitung erzielt werden. Von den bisher zwei Mitarbeitern, die hierfür eingesetzt waren, kann einer nun andere Aufgaben in der Werkstatt übernehmen. „Eine der Voraussetzungen, dass dies alles reibungslos funktioniert, ist die Durchgängigkeit der Datenhaltung von der Elektroplanung über die Arbeitsvorbereitung und die Fertigung bis hin zum ERP-System“, stellt Visser-Plenge fest.
Mit Engineering-Software die Integrated Value Chain optimieren
Es genügt meist also nicht, nur ein einzelnes Glied der Wertschöpfungskette zu betrachten, um die Prozesse in der Fertigung effektiver zu gestalten. Das betont auch Thomas Weichsel: „Die größten Potenziale zur Steigerung der Effizienz von Prozessen liegen aktuell vor allem in einem verbesserten Zusammenspiel von Produktentwicklung und Produktion. Dazu ist zunächst eine durchgängige Digitalisierung entlang der Prozesskette erforderlich. Die Standardisierung von Daten und Schnittstellen stellt dann die Durchgängigkeit der Daten in allen Prozessschritten und über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg sicher – die Voraussetzungen für die Automatisierung und für maximale Effizienz im Prozess.“
Kurzfristige Änderungen am Schaltplan über Eplan Pro Panel werden automatisch zur Weiterbearbeitung in Eplan Smart Wiring aktualisiert.
Bild oben (v.l.): Jerome Göning und Noah Suedhues arbeiten bei der Plenge GmbH.
Integrated Value Chain
Weitere Hintergründe rund um die Integrated Value Chain mit Eplan und Rittal gibt es in der neuen s4e sowie im be top Webmagazin.
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