Eplan UX Designerin Simone Zunterer am Arbeitsplatz

Author

Annika Thomas Annika Thomas Senior Online Editor
10/03/22

UX Design: Simone Zunterer und Linda Schmidt über Prototypen, Styleguides, Teamwork

Autor: Annika Thomas Lesezeit: Minute Minuten

Wie wird sichergestellt, dass Nutzer die Software von Eplan intuitiv bedienen können? Wie ist es, im UX Design-Team bei Eplan zu arbeiten? Und was sind die Herausforderungen beim Aufbau dieses neuen Fachbereiches? Das und vieles mehr erklären UX Designerin Simone Zunterer und Abteilungsleiterin Linda Schmidt im Doppel-Interview.

UX-Designer Simone Zunterer und Linda Schmidt im VideocallIch habe mich mit Simone Zunterer (links) und Linda Schmidt (rechts) auf einen virtuellen Kaffee getroffen, um über den Bereich UX Design bei Eplan zu sprechen.

Workflows, Prototypen, Styleguides - im Interview werden verschiedene Themen rund ums UX Design besprochen. Hier ein Überblick:


Schön, dass ihr Zeit für ein Gespräch habt, Linda und Simone. Erzählt mir gerne einmal von Anfang an: Wie seid ihr dazu gekommen, euch beruflich auf User Experience (UX) Design zu konzentrieren?
 

Linda Schmidt-jpgLinda Schmidt: UX an sich ist ein noch recht junges Fachgebiet. Ich selbst habe Industriedesign studiert. Da ging es in erster Linie um die Bedienung und Gestaltung von Hardware. Auch beruflich habe ich mich zunächst voll auf Industriedesign konzentriert und im Bereich Kameratechnik und Industriesensorik gearbeitet. Dabei wurde mir aber schnell klar: Hardware und Software verschmelzen immer mehr miteinander. Denn viele Maschinen sind hochkomplex. Eine einfache Bedienbarkeit der Hardware geht Hand in Hand mit leicht bedienbarer Software. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn es um Einstellungen für millimetergenaue Spritzgussverfahren oder um Sensoren-Einstellungen geht. Im Fokus steht letztendlich immer der Anwender,  der die Anlagen am Ende präzise und fehlerfrei bedienen und auch warten muss. So habe ich mich immer mehr für UX interessiert und mich darauf dann schließlich spezialisiert. Und mittlerweile ist es ja auch in unserem privaten Alltag so, dass kaum noch ein technisches Gerät ohne Software, User Interface  und UX-Einflüsse auskommt. Das ging beim Smartphone los. Heute steckt von der Smartwatch bis hin zum Staubsaugerroboter überall UX Design drin.

Simone Zunterer: Ja, ich erinnere mich noch daran, als in meiner Studienzeit das iPhone 3G rauskam und ich völlig begeistert von der intuitiven Bedienbarkeit war. Seitdem ist viel passiert. Ich habe übrigens auch Industriedesign studiert. Generell habe ich mich aber schon immer für Software interessiert. Seit meiner frühen Jugend beschäftige ich mich mit Videospielen und bin von allem fasziniert, was mit Game Design, Nutzeroberflächen und Bedienung zu tun hat. Im Studium wurde mir früh klar, dass ich mich auf UX spezialisieren möchte. Meinen Bachelorabschuss  habe ich klassisch im Industriedesign gemacht. Während meines Masterstudiums in Produktdesign und Prozessentwicklung habe ich dann beschlossen, meine Master Thesis im Bereich UI/UX zu schreiben. Dafür habe ich in Kooperation mit Vodafone D2 eine App gestaltet. Beruflich bin ich in Gestaltungsagenturen gestartet, bis ich schließlich 2019 bei Eplan angefangen habe.

Ihr seid also praktisch beide vom Industriedesign zum Softwaredesign gekommen. Worum geht es denn genau im Bereich UX bei Eplan? 

Linda Schmidt: Einerseits geht es darum, die Sicht des Anwenders einzunehmen und das Erleben der Software auf seine, oft unbewussten, Erwartungen abzustimmen. Man könnte sagen, wir agieren als Anwalt für den Anwender und vertreten seine Interessen, damit diese in der Softwareentwicklung Gehör finden. Aus Perspektive von Eplan nehmen wir eine Rolle ein, die viele auf den ersten Blick gar nicht auf den Schirm haben: die Rolle des Risikomanagers. Denn wir stellen von Beginn an sicher, dass Software entwickelt wird, die intuitiv genutzt werden kann und im besten Fall den Workflow des Anwenders vereinfacht und unterstützt

Simone Zunterer: Es geht bei UX also um mehr als die optische und grafische Gestaltung einer Software, darauf spezialisiert sich das UI Design. Wenn ich meinen Freunden oder meiner Familie erkläre, was ich beruflich so mache, sage ich immer: Ich kümmere mich darum, wie sich unsere Software für Nutzer anfühlt und wie sie diese erleben. Sie soll sich möglichst selbsterklärend und komfortabel bedienen lassen. Konkret geht es meist darum, eine neue Software oder zusätzliche Features für Produkte der Eplan Cloud zu konzipieren. Wir arbeiten aber auch immer öfter mit den Kolleginnen und Kollegen von Rittal an gemeinsamen Projekten.

Rittal RiPanel Welcome Screen

Das Eplan UX-Team hat auch bei der Gestaltung von Rittal RiPanel mitgewirkt.

Wie geht ihr bei euren Projekten vor? Gibt es dafür festgelegte Prozesse? 

Linda Schmid: Was viele nicht wissen: Wir gestalten nicht einfach wild drauf los – UX ist ein Bereich, der streng nach Normen und Standards arbeitet. Es gibt dafür sogar eine eigene ISO-Norm. Wir beginnen damit, die Bedürfnisse der Anwender zu verstehen. Dafür interviewen wir einige Softwarenutzer zu ihren Aufgaben oder schauen ihnen direkt vor Ort über die Schulter. So erfahren wir aus erster Hand, wie wir sie beim Lösen ihrer Aufgaben unterstützen können. Anschließend erstellen wir Workflows und Prototypen, um diese mit Anwendern zu testen. Hier finden wir heraus, ob unsere Lösungen auch intuitiv verstanden werden. Bei der Entwicklung der Lösungen setzen wir möglichst auf Standards, die wir zuvor in einem Styleguide definiert haben, um das Rad nicht immer wieder neu zu erfinden. Erst dann wird der Code für die Software geschrieben.

Bleibt bei all diesen Vorlagen und Standards denn genug Raum, eigene Ideen zu entwickeln? 

Simone Zunterer: Ja klar! Wir haben viele Möglichkeiten, uns im Job auszuprobieren und zu entfalten. Dadurch, dass sich unser Bereich bei Eplan noch im Aufbau befindet, gibt es viele Möglichkeiten, sich in verschiedenen Bereichen zu versuchen: Das startet bei Re-Designs bestehender Software oder der Ergänzung neuer Features und geht bis zum Roll-out einer komplett neuen Lösung. Wir können auch in Trend-Bereichen wie Augmented Reality (AR) aktiv werden, wie zum Beispiel bei der Entwicklung des AR-Add-ons von Eplan eView.

Wie genau gehst du denn vor, wenn du Prototypen für Software entwickelst, Simone? Nutzt du dafür bestimmte Tools? 

Simone Zunterer: Zunächst bringe ich in Erfahrung, was genau wir anhand der Protoypen testen wollen, also zum Beispiel den Verlauf kompletter Workflows. Das sind praktisch die Wege, wie sich die Anwender durch die Bedienung klicken. Dann überlege ich mir Aufgaben für Testanwender, anhand derer wir erkennen können, wie sich diese in der Software zurechtfinden und in ihr agieren. Das sind zum Beispiel Aufgabenstellungen wie: „Sie möchten in der Software einen Screenshot hochladen und mit einem Text versehen. Wie würden Sie dabei vorgehen?“ Ich überlege mir also mögliche Wege, die die Anwender gehen können, um diese Aufgabe zu lösen. Da es meist verschiedene Lösungswege gibt, entsteht hier oft ein komplexes und umfangreiches Konstrukt. Dann erstelle ich sogenannte Mock-ups, also Grafiken, die zeigen, wie die Oberfläche in den verschiedenen Workflow-Schritten später einmal aussehen soll. Diese verbinde ich über die vorgesehen Klickwege miteinander, sodass der Eindruck einer funktionstüchtigen Oberfläche entsteht. So kreiere ich einen ersten Prototyp der Softwareumgebung, der getestet werden kann, bevor auch nur eine Zeile Code geschrieben wurde. Dabei arbeite ich mit Figma, einem Interface-Designtool.

Mock-up Rittal CAD Import

Ein Mock-up eines Rittal CAD-Imports innerhalb der Eplan Cloud.

Click-Dummy verbindet Mock-ups zu Protoyp

Dieser „Klick-Dummy“ stellt die möglichen Klick-Wege des Softwarenutzers dar. Die verschiedenen Mock-up-Ansichten werden nach den definierten Workflows zu einem Prototyp verknüpft und dann von Anwendern getestet.

Und mit diesem Prototyp führt ihr dann die Usability Tests mit Anwendern durch, oder? Nutzt ihr dafür dann Methoden aus der Psychologie? 

Linda Schmidt: Ja, genau. An und für sich kann man sagen, dass UX praktisch ein Bereich der Psychologie ist – nur dass bei UX zusätzlich technische und Design-Elemente dazukommen. Unsere Prototypen testen wir qualitativ im Rahmen von Usability Tests mit Anwendern. Dafür gehen wir zum Beispiel nach der Thinking-Aloud-Methode vor: Hier bitten wir Anwender, ihre Gedanken laut auszusprechen, während sie sich durch die Mock-ups klicken. Dabei interessiert uns weniger, was den Testern gut gefällt oder was schon reibungslos funktioniert. Wir wollen rausfinden, wo es noch hakt und wie wir Workflows optimieren können.

Simone Zunterer: Es geht uns zum Beispiel darum sicherzustellen, dass für Anwender die wichtigsten Softwarefunktionen einfach zu finden und zu bedienen sind. Denn der Mensch kann nur eine bestimmte Anzahl an Eindrücken gleichzeitig verarbeiten. Es bringt also nichts, sämtliche Buttons hervorzuheben und wild blinken zu lassen. Die Funktionen, die Priorität haben, müssen klar erkennbar und auf den ersten Blick erfassbar sein. Diese Prioritäten sind auch kontextabhängig, je nachdem welche Funktionen ein Anwender wann braucht, um seine Aufgabe zu erledigen. Sobald alles passt, übergeben wir die Mock-ups auf Basis unseres Styleguides, den wir laufend weiterentwickeln, an das Entwicklerteam weiter.

Was genau wird in so einem Styleguide festgelegt? 

Simone Zunterer: Unsere Styleguides definieren zum Beispiel, wie genau Buttons in unserer Software aussehen, welche Farben genutzt werden oder wie Listen gestaltet werden sollen. Und auch, wann welche Art von Control benutzt werden und wie sich dieses verhalten soll. Also zum Beispiel, welche Buttons oder Drop-Down-Funktionen in welchem Kontext verwendet werden. Ein Styleguide ist also sowas wie ein Baukasten mit vorgefertigten Bauteilen für die Erstellung von Websites und Nutzeroberflächen.

Linda Schmidt: Das praktische an diesem Baukasten-Prinzip ist, dass es sich laufend anpasst, sobald Anpassungen oder Erweiterungen vorgenommen werden. Die Entwicklerteams, die den Styleguide nutzen, greifen also immer automatisch auf den aktuellen Stand zu. So können wir übergreifende Standards schaffen, die wir aber auch immer wieder neu denken und weiterentwickeln können.

Mockup eView Konzept

Dieses Mock-up einer Ansicht in Eplan eView sieht der finalen Software bereits sehr ähnlich. Gestaltungs-Elemente wie Buttons und Design-Farben werden in einem Styleguide festlegt.

Simone, wenn du an deinen Arbeitsalltag denkst, gibt es etwas, was dir bei Eplan daran besonders gut gefällt? 

Simone Zunterer: Mir gefällt die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Bereichen, oft auch international. Jeder UXler arbeitet in Projektgruppen mit Entwicklern, aber auch verschieden technischen- oder vertriebsnahen Bereichen zusammen. Da wir agil nach SCRUM arbeiten, sind die Hierarchien flach und die Entscheidungswege kurz. Man hat also immer das Gefühl, voranzukommen. Oft arbeite ich auch zwischen den Stühlen von UX Design und der Softwareentwicklung, um die richtige Balance zwischen Design, Performance und Programmieraufwand zu finden. Manchmal braucht man in Diskussionen auch mal Ellenbogen - aber im positiven Sinne. Jeder möchte sein bestes dazu beitragen, dass am Ende ein tolles Produkt für unsere Kunden entsteht. Wir sind echt eine tolle Truppe: Neulich bin ich für eine neue Aufgabe in eine andere Projektgruppe gewechselt. Eine Kollegin erzählte mir später, dass mich mein altes Team vermisst. Das fand ich süß (lächelt). 

 

Von Research bis Engineering: Kleines UX Register 

  • UX steht für User Experience. Hierbei geht es darum, wie sich eine Software „anfühlt“ und ein Anwender die Softwarenutzung erlebt.
  • UX Research UX Research beschäftigt sich mit der Erhebung von Anforderungen aus Sicht der Anwender. Dabei wird mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet, um zu testen, ob eine Problemstellung (Anforderungen) und die angebotene Lösung (Prototyp oder Software) zusammenpassen.
  • UX Design fokussiert sich auf die Definition von Workflows und die Erstellung interaktiver Konzepte in Form von Prototypen der späteren Nutzerumgebung der Software.
  • UI Design steht für User Interface Design. Hier dreht sich alles um die grafische Gestaltung der Nutzerumgebung und die Erstellung grafischer Konzepte, die anschließend standardmäßig verwendet werden.
  • Im UX Engineering setzen Softwareentwickler die Elemente des von UX und UI Designern definierten Styleguides in wiederverwendbaren Code um. Dieser wird dann nach dem Baukasten-Prinzip für die Programmierung der Software genutzt.

 

Gab es bei Eplan für dich ein Highlight-Projekt, an das du dich besonders gerne erinnerst? 

Simone Zunterer Zeigt auf BildschirmSimone Zunterer: Oh ja! Viel verraten darf ich dazu leider noch nicht, weil die Software noch nicht fertig ist, aber das Ganze ist echt spannend: Letztes Jahr gab es einen Workshop zu einer Idee für eine neue Cloud-Software. Wir waren eine bunte Gruppe aus SCRUM-Mastern, Entwicklern, UXlern, aber auch Kollegen aus dem Consulting, die gemeinsam überlegt hat, wie diese erste Idee konkret umgesetzt werden könnte. Jeder hat seine Perspektive und persönlichen Erfahrungen eingebracht. Im Zentrum stand dabei vor allem die Frage: Wo drückt bei unseren Kunden der Schuh und welche Lösung können wir ihnen dafür anbieten? Ich habe die Workshop-Ergebnisse zusammengefasst und auf dieser Basis ein erstes Konzept für die neue Software entwickelt. Ich selbst bin ja keine Expertin für Engineering an sich. Aber ich habe viel Unterstützung von hilfsbereiten Kolleginnen und Kollegen aus diesem Fachgebiet bekommen. Das fertige Konzept habe ich dann an das Exploration-Team von Eplan weitergegeben, das im direkten Kontakt mit Kunden steht, ihnen neue Konzepte vorstellt und sie um Feedback bittet. Einige Ideen kamen bei den Anwendern richtig gut an. Das hat mich gefreut und macht mich stolz. Auch bei Eplan intern bekam ich positives Feedback für mein Konzept. Es ist umfangreich geworden und hat sich für verschiedene Bereiche als wertvoll herausgestellt.

Cool! Ihr habt erwähnt, dass sich der Bereich UX bei Eplan noch im Aufbau befindet. Kannst du mir etwas über die Herausforderungen erzählen, die es dabei zu meistern gilt, Linda? 

Linda Schmidt: Zum einem sind wir gerade dabei, grundlegende Prozesse zu vereinheitlichen oder neu zu definieren. So stellen wir sicher, dass die Zusammenarbeit mit den anderen Teams gut funktioniert. Das fängt damit an, den UX-Bereich optimal in bereits bestehende Produktentwicklungsprozesse einzugliedern und klarer von verwandten Bereichen abzugrenzen. Aber wir müssen auch klären, wie wir operativ zusammenarbeiten. Das bedeutet auch, dass wir mehr Zeit bekommen, UX Research zu betreiben, bevor die Entwicklung startet. Und um uns zusammen mit den Solution Ownern, also den Produktmanagern mit technischem Fokus, Lösungskonzepte überlegen zu können, bevor diese entwickelt werden.  

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